Mühlacker Tagblatt, Montag, 16. Februar 2015

Gesprächsabend in der Maulbronner Moschee beleuchtet die Frage, welche Werte Christen und Muslimen heilig sind.

 

Zu einem nicht alltäglichen Ort der Begegnung wurde jetzt die Maulbronner Mimar-Sinan-Moschee. Eingeladen hatten die Türkisch-Islamische Moscheegemeinde und evangelische Gemeinden aus dem Kirchendistri kt. „Welche Werte sind Christen und Muslimen heilig ?“ war als Thema des Abends angekündigt.

Mühlacker Tagblatt, Montag, 16. März 2015

Tiefe Einblicke gewährt

Gesprächsabend in der Maulbronner Moschee beleuchtet die Frage, welche Werte Christen und Muslimen heilig sind

Zu einem nicht alltäglichen Ort der Begegnung wurde jetzt die Maulbronner Mimar-Sinan-Moschee. Eingeladen hatten die Türkisch-Islamische Moscheegemeinde und evangelische Gemeinden aus dem Kirchendistri kt. „Welche Werte sind Christen und Muslimen heilig ?“ war als Thema des Abends angekündigt.

VON EVA FILITZ

MAULBRONN. Rund 120 Besucher fühlten sich davon angesprochen und füllten den Versammlungsraum, darunter auch eine Gruppe von Schülern aus dem Maulbronner Evangelischen Seminar. Pfarrer Ernst-Dietrich Egerer aus Maulbronn und Hansjörg Lechler, ehemaliger Pfarrer von Zaisersweiher und Schmie, saßen im Publikum, die Pfarrer Jürgen Götze (Ölbronn, Kleinvillars), Sabine Leibbrandt (Kinderzentrum Maulbronn) und Lukas Lorbeer (Zaisersweiher, Schmie) vertraten die christliche Seite auf dem Podium. Für die Muslime sprach Imam Lütfullah Yildirim, dessen längere Ausführungen in türkischer Sprache von Yilmaz Cebeci zusammengefasst übersetzt wurden.

„Früher gab es häufiger Dialoge und örtliche Begegnungen“, sagte Pfarrer.Egerer im Gespräch mit unserer Zeitung. Zwischenzeitlich sei es ruhig geworden, die gegenwärtigen Ereignisse seien sicher ein Anstoß, sich nun wieder zu treffen.

Die türkischen Gastgeber hatten ein ansprechendes Programm Vorbereitet: zunächst die Diskussion, dann eine Einladung zum Abendgebet im Gebetsraum und zum Abschluss ein gemeinsames Essen. „Warum kommen Muslime nicht auch einmal in unseren Gottesdienst ?“, wandte sich Pfarrer Götze an den Imam. „Das ist ein Projekt, das wir mal anstoßen müssen.“

„Was bedeutet der Koran beziehungsweise die Bibel für mich?“ „Wo zeigt sich mein Glaube privat und öffentlich?“ und „Was sagt mein Glaube über den Umgang mit Menschen?“: Diese Fragen bildeten das Gerüst des Dialogs. Abwechselnd folgten christliche und muslimische Antworten. Lukas Lorbeer, Sabine Leibbrandt und Jürgen Götze’ nahmen einzeln Stellung. Ihre Antworten waren jeweils ein sehr persönliches Glaubensbekenntnis und machten deutlich, wofür sie für sich und für welche Werte der Christ in seinem Glauben steht.

Für die Muslime sprach ausschließlich der Imam, er zitierte viele Vorschriften des Korans, die tief in den Alltag der Gläubigen eingreifen. Kurz gefasst: „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut“, so wollen Bibel und Koran den Menschen sehen. Beide speisen sich aus den gleichen Quellen, und doch hat die Annäherung auch vielfach Grenzen, die einschneidende Unterschiede der beiden Lehren deutlich machen. So zitierte unter anderen der Iman aus der Sure 4, Vers 93: „Wer einen Gläubigen mit Vorsatz tötet, der schmort für ewig in der Hölle“, übersetzte Cebeci. Allah verflucht hier den Mörder, während die christliche Religion Vergebung lehrt. „Beschämend oft handeln wir an unseren Mitmenschen nicht wie Christen, aber menschliche Schuld kann nur durch Vergebung geheilt werden“, sagte Pfarrer Götze. Rache sei nicht Sache der Bibel. Der christliche Gott sei ein liebender Gott, eine Abrechnung im Jenseits gebe es nicht. „Gott lieben, seinen Nächsten und sich selbst, das ist eine der schwersten Aufgaben.“

Der Themenkreis war durch die drei vereinbarten Fragen klar umrissen. Aktuelle Geschehnisse, wenn sie auch Anstoß zu diesem Treffen gewesen sein mögen, blieben außen vor. Zuhörer fragten unter anderem: Spielt Glaube in der Politik eine Rolle? Warum darf ein Moslem nicht Pate bei einer christlichen Taufe sein? Eine Muslimin, in ihrem Pflegeberuf als Führungskraft ausgebildet, fragte, warum sie zwar als Putzhilfe in einer christlichen Einrichtung tätig sein könnte, aber nicht auf Führungsebene.

Einem Gottesdienst in einer Moschee beiwohnen zu dürfen, war für die meisten der Besucher ein besonderes Erlebnis. Die Frauen versammelten sich zunächst auf der Empore. Sie wurden dann aber hinunter gerufen, damit sie der  Übersetzung des für die Christen fremden Ritus folgen konnten. In sehr harmonischer Stimmung und lebhaftem Gedankenaustausch endete der Abend mit einem üppigen Essen. Da gab es nur noch eine Meinung: „lecker“.