Lese-Predigt vom 13. Dezember 2020
von Herrn Heinz Frankenberger
Lesepredigt zu Lukas1, 68-79, 3. Sonntag im Advent 2020
Liebe Leserin, lieber Leser!
Zacharias, der Priester am Tempel in Jerusalem jubelt.
Endlich ist wahr geworden, was niemand mehr zu hoffen gewagt hatte:
Seine Frau Elisabeth hat einen Sohn geboren. Von ihr heißt es, sie sei schon betagt gewesen. Der Sohn wird „Johannes“ genannt – das heißt „Gott ist gnädig“.
Der Vater Zacharias – so berichtet es Lukas im 1. Kapitel seines Evangeliums – jubelt deshalb:
68 »Gelobt sei der Herr, der Gott Israels! Denn er ist seinem Volk zu Hilfe gekommen und hat es befreit.
69 Er hat uns einen starken Retter gesandt, einen Nachkommen seines Dieners David.
….
71 einen Retter, der uns befreit von unseren Feinden und aus der Gewalt aller, die uns hassen.
72 Damit hat Gott auch unseren Vätern seine Barmherzigkeit erwiesen.
Ist das nun endlich der Anbruch der neuen Zeit? Gott ist seinem Volk zu Hilfe gekommen?!
Also ist der Retter sogar schon da!
Wo ist er? Wer ist er?
Der da von Zacharias Retter genannt wird, ist noch gar nicht geboren. Nach Lukas‘ Überlieferung wird das Kind Jesus ja erst mehrere Monate später geboren werden.
Zacharias aber jubelt und redet trotzdem, als ob der Retter schon da sei. Er ist sich sicher! Er kann so reden – er ist offensichtlich von Gottes Geist erfüllt und redet als Prophet, als Sprachrohr Gottes.
Ist das also endlich der Anbruch der neuen Zeit?
An der Frage bin ich hängen geblieben. Denn viele Menschen könnten auch ein anderes Lied singen:
Dass Gott kommt, darauf habe ich lange vergeblich gewartet
– davon bin ich lieber still.
Dass Gottes Barmherzigkeit heute noch gilt,
– davon bin ich lieber still.
Dass Menschen in Liebe aufeinander Acht haben
– davon bin ich lieber still.
Ich bringe den Mund nicht mehr auf,
denn niemand fragt nach Gerechtigkeit und Gottes Willen.
Aber wir alle fragen nach unserem Nutzen und Vorteil.
und wir verstehen Vergebung der Sünden doch auch nur so, dass alles weiter geht, wie vorher.
Ich will still sein und es nicht mehr loben,
denn Gott lässt auf sich warten – und es dauert, es dauert länger, als es Menschen aushalten können –
Und er richtet auch nicht unsere Füße auf den Weg des Friedens.
Also kein Anbruch der neuen Zeit?
Zwischen der Adventsbotschaft „Denn er hat besucht und erlöst sein Volk …“, der Erfüllung der Freudenbotschaft vom Kind, das uns geboren ist, und dem, was wir heute vorfinden und erleben gähnt ein tiefer Riss – ein Graben.
Das Lied drückt aus, dass viele Menschen schmerzlich spüren, dass die Welt eben nicht HEIL ist – nicht nur dort,
wo Kriegsnot und Krankheitsnot und Hungersnot und Mangel an Gerechtigkeit herrschen,
wo Menschen wider mögliches besseres Wissen für IHRE Rechte demonstrieren und wieder einmal das Recht auf Unversehrtheit der Person anderer Leute ignorieren.
Ich glaube aber, dass Gott auch solches Still-Schweigen und Klagen hört und gehört hat.
Darum durfte Zacharias sich sicher sein:
Doch! Das ist der Anbruch der neuen Zeit!
Sein Sohn Johannes wird ein Prophet des Höchsten genannt werden.
Er wird dem Herrn vorangehen und die Wege für ihn bereit machen.
77 Er wird seinem Volk die Erkenntnis schenken, dass der Herr es retten will und ihm die Schuld vergibt.
78 Unser Gott hat ein Herz voll Erbarmen. Darum kommt uns das Licht aus der Höhe zur Hilfe.
79 Es leuchtet denen, die im Dunkel und im Schatten des Todes leben. Es lenkt unsere Füße auf den Weg des Friedens.«
Wir glauben, dass Jesus dieses Licht aus der Höhe, der Retter ist.
Der hat uns gezeigt und gesagt, wie die neue Zeit sein soll und auch, wie wir in dieser neuen Zeit sein dürfen.
Und wir glauben und bekennen ja auch, dass das Heil, die neue Zeit Gottes, schon begonnen hat.
Es liegt immer wieder vor allem an uns.
Dass wir darauf vertrauen, dass Gott das scheinbar Unmögliche bei uns tut.
Er hört!
Er kommt!
Er erfüllt mehr von seinem Versprechen, als wir oft wahrnehmen können.
Wir haben nun fast ein ganzes Jahr mit Einschränkungen schon hinter uns, und es weiß noch niemand, wie das in anderthalb Wochen sein wird. Ob Weihnachten überhaupt so richtig gefeiert werden kann?
Wir können uns wieder darauf besinnen, das Eigentliche zu feiern: Die Geburt, das Kommen des Heilands.
Nicht im Verzicht aus Not, weil man ja das andere, was wir seit vielen Jahren gewöhnt sind, das Advents-Shoppen, das festliche Essen, das Zusammensein mit vielen, die festliche Kirchenmusik, alles nicht kann oder gar nicht tun soll, um die Ansteckungsgefahr zu verringern.
Sondern:
wir dürfen auch in dieser Adventszeit uns einholen lassen von der herzlichen Barmherzigkeit des Gottes,
der immer noch nicht fertig ist mit uns,
der uns nicht still macht –
und der immer wieder einen Mund öffnet und ein Herz fröhlich macht.
Vielleicht können wir nicht einfach mitsingen.
Aber hören dürfen wir:
Lukas 1, 68-79, Canticum Benedictus
68 »Gelobt sei der Herr, der Gott Israels! Denn er ist seinem Volk zu Hilfe gekommen und hat es befreit.
69 Er hat uns einen starken Retter gesandt, einen Nachkommen seines Dieners David.
70 So hat Gott es von jeher angekündigt durch den Mund seiner heiligen Propheten –
71 einen Retter, der uns befreit von unseren Feinden und aus der Gewalt aller, die uns hassen.
72 Damit hat Gott auch unseren Vätern seine Barmherzigkeit erwiesen.
Er hat an den heiligen Bund gedacht, den er mit ihnen geschlossen hat.
73 Ja, er hat an den Eid gedacht, den er unserem Vater Abraham geschworen hat:
74 uns aus der Hand von Feinden zu retten. Dann können wir ohne Angst Gottesdienst feiern –
75 heilig und nach seinem Willen, in seiner Gegenwart, solange wir leben.
76 Aber auch du, Kind, wirst ein Prophet des Höchsten genannt werden. Du wirst dem Herrn vorangehen und die Wege für ihn bereit machen.
77 Du schenkst seinem Volk die Erkenntnis, dass der Herr es retten will und ihm die Schuld vergibt.
78 Unser Gott hat ein Herz voll Erbarmen. Darum kommt uns das Licht aus der Höhe zur Hilfe.
79 Es leuchtet denen, die im Dunkel und im Schatten des Todes leben. Es lenkt unsere Füße auf den Weg des Friedens.«
Das ist Grund genug zum Jubeln! Deshalb trauen Sie sich, zu Hause
EG 13 Tochter Zion – Jerusalem – freue dich… zu singen!
Amen.
Heinz Frankenberger
Prädikant im Kirchenbezirk Mühlacker