Predigt zum Sonntag, 29.3.2020 - Gedanken von Pfarrer Edgar Tuschy.

Matthäus 6, 25: Macht euch keine Sorgen
 

Nun ist es also passiert. Es war nur eine Frage der Zeit, bis dem globalen Spielplatz einer hineingrätscht. Nein, kein Trump, kein Putin oder sonst ein Staatslenker und auch kein „islamischer Staat“ waren die Initiatoren der Katastrophe. Ein kleines Virus verbreitet Angst und Schrecken. Wirtschaftslenker, Politiker, Börsen, selbst ein - bei solchen Situation als sicher geglaubter sicherer Hafen, wie das Gold - bricht ein. Es ist schon richtig, dass das, was wir da gerade erleben, für uns die größte Herausforderung seit dem zweiten Weltkrieg bedeutet. „Die Welt nach Corona wird eine andere sein wie zuvor“, hört man vereinzelt Stimmen. Dieter Hoeneß prophezeit dem Fußball, dass es nach Corona anders weitergehen wird, wie zuvor. Spekuliert er auf weniger Kapitalismus im Fußball? Ob diese Stimmen Recht  behalten? Lässt sich aus dieser Krise etwas lernen? Für die, die an vorderster Front stehen und Verantwortung tragen ganz bestimmt. Doch für die anderen? 

Es scheint mir einen Gedanken wert, dass wir uns gegenwärtig in einer Zeit befinden, in der man im Kirchenjahr über das Leiden und Sterben Jesu nachdenkt, dass man grundsätzlich in sich geht und sein eigenes Leben im Licht Gottes betrachtet. Und so ist es wohl auch nicht zu weit hergeholt, wenn man sich fragt, ob die ganze Corona-Pandemie etwas mit Gott zu tun hat. Als der Churer Weihbischof Marian Eleganti einen Zusammenhang zwischen der Frömmigkeit seines Volkes und seiner Bedrohung durch die Coronaepidemie herstellte, war nicht nur in der Schweiz der Aufschrei groß. Dass es sich hier um ein Strafgericht Gottes handeln soll, schien vielen eine Provokation - für Gläubige und offenbar auch Ungläubige.

So weit würde ich persönlich nun nicht gehen! Zugegeben, hier handelt es sich um ein Gericht, ohne Zweifel, doch ein Gericht, dass sich die Menschheit selber zugezogen hat. Konnte es so weitergehen, wie bisher? Wenn jene Biologen Recht haben, dann scheint in der Tat der Mensch selber für dieses neuartige Corona-Virus verantwortlich zu sein: Es wird behauptet, Covid-19 hätte sich aus der Schieflage des natürlichen Gleichgewichts der Schöpfung gebildet. Dann könnte man – wollte man die Sache mit Gott in Verbindung bringen – wie Paulus sagen (Römer 2, 28b, Basisbibel): „Deshalb überließ Gott sie ihrer verwerflichen Gesinnung...“

Eine der Konsequenzen daraus: auf vielen unserer Kanzeln wird das Wort Gottes für einige Wochen nun nicht mehr verkündigt werden. Es gibt Menschen, denen ist das egal, sie brauchen die Gemeinschaft nicht, sie brauchen vielleicht auch nicht ein Wort des Trostes und des Zuspruchs.

Die anderen schon, gerade in so einer Situation, in der einem der Boden unter den Füßen entgleitet. Vielleicht spüren wir nun, dass all die Jahre Vieles für uns selbstverständlich war und wir den Wert mancher Dinge und Menschen nicht geachtet haben?

Mein Anliegen hierbei, dass wir Jesus gedanklich mit dazu nehmen.

Jesu Ansinnen, von seiner Geburt bis zur Kreuzigung ist es jedenfalls uns zu helfen auch und gerade in dieser Misere. Nun haben wir Zeit, wieder über den Sinn unseres Daseins nachzudenken. Doch wie soll man das, wenn einen die Angst umgibt?

Auch deshalb wurde Jesus Mensch und kam zu uns, dass er uns die Angst nimmt. Er ist nicht nur gleichsam ein Rettungsring für schwere Zeiten, man holt ihn heraus, wenn einem das Wasser bis zum Hals steht. Er kam in diese Welt, um mit uns in Beziehung zu treten, ständig, jeden Tag will er bei uns sein und ist auch bei uns. Die Angst wird nicht von uns weichen, wenn wir krampfhaft an etwas festhalten, das uns eigentlich keine Sicherheit geben kann. So sind wir solange unruhig, bis wir selbst zur Ruhe kommen und unseren inneren Frieden bekommen. Nicht durch Sachen, oder Geld, sondern durch eine Person.

„Macht euch keine Sorgen um euer Leben..“. Dieser Vers aus Matthäus 6, 25b (Basisbibel) gilt nach wie vor und auch uns!

Das Grübeln und das Sich-Aufreiben im Sorgen um das Morgen, um unsere Probleme dürfen wir getrost einem anderen überlassen. Es schmerzt zwar, gerade in einer solchen Ausnahmelage, anerkennen zu müssen, dass wir gerade nicht in der Lage sind, alles planen und alles berechnen zu können, als wäre alles immer verfügbar.

Wie schnell entdecken wir, dass die Grundlage unseres Lebens uns geschenkt ist, von Gott gegeben. Wir haben uns nicht selbst gezeugt, wir können uns auch nicht selber am Leben halten so sehr wie wir uns auch bemühen. Alles Wesentliche in unserem Leben ist uns geschenkt.

Das ist uns befremdlich, weil wir alles kontrollieren wollen. Und wenn wir verunsichert sind, dann greifen wir um so mehr danach und versuchen unser Leben wieder in die Schranken in die Verfügbarkeit zu bekommen.

Wenn wir in Krisen geraten, wenn das Geschenk der Gesundheit nicht mehr da ist, dann danken wir nicht für das, was bisher alles gut gewesen ist, sondern geraten in Panik. Wir greifen verkrampft nach einer Sicherheit, einem Strohhalm.

In kindlicher Unbeschwertheit konnte man bisher gleichsam in den Tag hineinleben. Doch nun ist alles anders. Unser Kopf weiß es zwar: Es ist unvernünftig, sich wochenlang Sorgen zu machen. Doch das ist der Mensch. Es ist uns ein Bedürfnis zu kontrollieren. Wir verstehen uns als Macher, die wir aber nicht sind. Und wenn uns die Zügel entgleiten, suchen wir nach Ersatz, Dinge zu tun, um die Sorgen zu vergessen.

Wir sind nicht gern ausgeliefert, von anderen abhängig – Doch Beziehungen sind wichtig. Gerade die, zu unserem Schöpfer. Was der Mensch braucht ist das himmlische Du. Wer das Leben als Geschenk erkennt, der ist der Beschenkte. Da ist jemand der auf mich schaut.

Was uns trägt, ist unsere Beziehung zu Gott. Die Wirklichkeit dieser Welt bleibt für uns zwiespältig, fernab von Gerechtigkeit, Frieden und Liebe. Jesus kannte ebenfalls angstvolle Momente, blanke Verzweiflung und so konnte er sagen: „Wenn es möglich ist, lass diesen Kelch an mir vorübergehen, aber nicht mein Willen, sondern dein Willen geschehe“. Doch gerade mitten in der Anfechtung sagt Gott: Sorget euch nicht! Ich bin für euch da, ich bin mit euch!

Wir kommen aus der Liebe und gehen auf die Liebe zu. Unser Gott sorgt für uns. Deshalb bekümmert euch nicht, lasst euch fallen. Verlasst euch auf ihn. Die Welt nach Corona wird eine andere sein wie zuvor“ – ob das stimmt? Wenn wir lernen nicht auf uns, unser Können, unsere Weisheit oder sonst etwas, sondern auf Christus zu vertrauen, dann wird die Welt eine andere werden. Dann wird uns sicher auch klar werden, dass nicht wir Menschen die Macher sind, sondern jemand anders. Dann wird uns vielleicht auch deutlich werden, dass man mit viel weniger zufrieden sein kann, als man bis dahin glaubte.

Möge Gott uns an die Hand nehmen und führen, uns führen und leiten aus einem Tal, das uns nun eben zugemutet wurde, hinaus in die Weite, die Weite seiner Verheißung und der Zuversicht.

Amen


 

Haus-Gottesdienst von Herrn Pfr. Veit

Herr Pfr. Veit hat uns freundlicherweise noch diese Alternative zum regulären Gottesdienst zur Verfügung gestellt.

Gottesdienst feiern in schwierigen Zeiten

Öffentliche Gottesdienste sind uns zur Zeit untersagt, um der Ausbreitung des neuartigen Virus zu wehren. Ein Gottesdienstverbot gab es auch schon zu anderen Zeiten. Zum Beispiel trafen sich Christen in Verfolgungszeiten in kleinen Gruppen in ihren Häusern, um heimlich Gottesdienste zu feiern. Haus-Gottesdienste haben aber eine noch viel ältere Tradition: Die ersten Christen trafen sich in ihren Häusern zum Gottesdienst. Insofern nehmen wir eine urchristliche Tradition in der Not wieder auf.

Es gibt viele Möglichkeiten in dieser Ausnahmesituation, Gottesdienste zu feiern. Auf unserer Homepage finden Sie Hinweise auf Fernseh-, Radio- und Internet-Gottesdienste. Sie können aber auch selbst Gottesdienst zuhause feiern – entweder allein für sich, in ihrer Familie oder mit dem Nachbarn. Dazu liefern wir heute eine Vorlage. Bitte achten Sie dabei unbedingt auf die Vorsichtsmaßnahmen: Nicht mehr als fünf Personen (lieber weniger), genügend Abstand, Hygienevorschriften beachten. Sie können sich auch mit Telefon oder Internet miteinander vernetzen und so diesen Hausgottesdienst feiern.

Wir veröffentlichen jede Woche einen Entwurf für einen Haus-Gottesdienst. Herzlich laden wir ein, das Angebot zu nutzen. Weitere Exemplare legen wir vor dem Gemeindebüro / Pfarrhaus im Pfleghof aus.

Einführung Haus-Gottesdienst

Hilfreich ist es, wenn Ihnen das Evangelische Gesangbuch (EG) und eine Bibel zur Verfügung steht. Schön ist, wenn Sie eine Kerze anzünden – als Zeichen, dass Jesus Christus gegenwärtig ist.

 

Votum

Eine/r: Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Alle: Amen.

Einer/r: Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn.

Alle: Der Himmel und Erde gemacht hat.

Wochenspruch

Eine/r: Der Wochenspruch für die neue Woche lautet: „Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben als Lösegeld für viele.“

Lied

EG 432: Gott gab uns Atem, damit wir leben.

Wochen-Psalm

Psalm 43 / EG 724

Eingangsgebet

Eine/r: Herr, du unser Gott, öffne unsere Herzen und unseren Sinn für dein Wort. Wir wollen hören, rede du. Was du uns sagen willst, das lass uns aufmerksam wahrnehmen. In all unserer Sorge, tröste uns. Gib uns ein festes Herz, das uns gewiss macht in der Hoffnung auf dich. Gib uns ein waches Auge, dass wir nicht nur geistlich aufschauen und vor allem nicht zurückschauen, sondern den Nächsten und seine Not sehen. Und gib uns eine sichere Hand, dass wir in den kommenden Tagen das rechte Tun, besonnen und mit Augenmaß. Das bitten wir durch Jesus Christus, deinen lieben Sohn, unseren Herrn.

In der Stille wenden wir uns dir zu und öffnen uns deiner Gegenwart…

(es folgt eine kurze Stille)

Danke, dass du uns durch und durch kennst und unsere Gebete hörst. Amen

Lied

EG 391: Jesu geh voran.

Bibelabschnitt

Eine/r liest oder reihum lesen wir Hebräer 13, 12-14. Dazu verwenden wir die Übersetzung der Basisbibel (Deutsche Bibelgesellschaft):

12 Darum hat auch Jesus außerhalb des Stadttores gelitten.
Denn durch sein eigenes Blut wollte er das Volk heilig machen.

13 Lasst uns daher zu ihm hinausgehen vor das Lager.
Wir wollen die Schande auf uns nehmen, die er zu tragen hatte.

14 Denn wir haben hier keine Stadt, die bestehen bleibt.
Sondern wir suchen nach der zukünftigen Stadt.

 

Verweilen und Vertiefen

Jede/r liest für sich nochmals den Bibelabschnitt in seiner Bibel. In der Stille überlegen wir, was der Text für unseren Alltag, für die derzeitige Situation oder ganz grundsätzlich über uns und Gott aussagt.

Austausch

Wer mag, kann den anderen die eigenen Gedanken mitteilen. Wichtig ist, dass es in dieser Phase nicht um Diskussion geht, sondern darum, zu hören, was der Text bei den Schwestern und Brüdern ausgelöst hat. Deshalb wird hier nicht kommentiert.

Predigt

Wir lesen die Predigt – entweder jede/r für sich oder jemand liest laut vor.

»Wir müssen draußen bleiben.« Das kleine Schild stand früher vor mancher Metzgerei. Darauf war ein Hund abgebildet, der angeleint war und mehr oder weniger traurig dreinblickte. Wie sollte er auch so vielen fleischlichen Versuchungen widerstehen können!

»Wir müssen draußen bleiben.« Das erleben wir gerade. Schulen, Kindergärten und Geschäfte sind geschlossen. Wir dürfen einander nicht so ohne Weiteres besuchen. Von Vielem sind wir ausgeschlossen.

Draußen bleiben ist kein schöner Platz. Aber es ist der Standort, der uns in der Passionszeit vor Augen gestellt wird. Draußen, da hat Jesus gelitten, und da ist auch unser Platz. Das wird uns im Hebräerbrief gesagt. Wir haben es gerade miteinander gelesen.

1. Warum Jesus draußen war

Draußen – warum eigentlich da? Warum weist der Schreiber des Hebräerbriefs so ausdrücklich darauf hin, dass Jesus draußen vor dem Tor gelitten hat? Nun, die Hinrichtungsstätte Golgatha war außerhalb der Stadtmauer von Jerusalem. Jesus wurde, wie man es mit Verbrechern so machte, aus der Stadt hinausgetrieben. Aber dahinter verbirgt sich mehr als ein Hinweis auf den Stadtplan von Jerusalem. Im Hebräerbrief gibt es viele Anspielungen auf das Erste Testament und auf die Glaubensweise des Israelvolks. Immer wieder werden Mose, der Hohepriester, der Bund am Sinai als Vergleiche herangezogen. In unserem Fall wird auf den großen Versöhnungstag und die Opfervorschriften angespielt.

An diesem Tag ging einmal im Jahr der Hohepriester ins Allerheiligste und brachte dort das Blut von einem geschächteten Jungstier und Ziegenbock hinein, um das Heiligtum zu entsühnen. Die toten Tiere wurden draußen vor dem Lager verbrannt »samt Fell, Fleisch und Mist«, wie es im dritten Buch Mose heißt. Sie galten als unrein, und es gab auch genaue Vorschriften, wie danach die Helfer ihre Kleider waschen mussten, die die Tiere hinausgebracht und verbrannt hatten. Die Sünde wurde wie ein hoch ansteckender Virus gesehen, der nicht in Berührung mit den Menschen kommen durfte. Darum musste alles draußen vor dem Lager geschehen, außerhalb der Gemeinschaft.

Diesen Platz draußen hat Jesus eingenommen. Er hat es ganz bewusst für uns getan, sich mit unserer Sünde infiziert. Er ist für uns der Sündenbock geworden, auf den alles abgeschoben wird. Weg damit, raus damit – so wie man es mit dem Müll macht. Raus aus der menschlichen Gemeinschaft, raus aus Würde, Wert und Recht, getrennt vom Leben und von Gott. Das ist der Platz, den Jesus einnimmt.

Nur dadurch wird innen drin alles gut. Dazu müssen wir die Szene wechseln. Innen drin, in der Stadt, war der Tempel, und innen drin im Tempel das Allerheiligste. Und dahinein wurde das Blut des Opfertiers gebracht. Dadurch wurde notdürftig Jahr für Jahr der Riss zwischen Gott und Mensch wieder geflickt und der Weg wieder frei. Eigentlich war es Jahr für Jahr nur die Erinnerung, wie nötig wir Vergebung und Versöhnung haben.

In einzigartiger Weise hat das Opfer Jesu die Versöhnung und Befreiung für uns bewirkt. Der Weg ist frei geworden, wir müssen Gott nicht mehr aus dem Weg gehen wie einst Adam im Garten der Schöpfung. Wir bleiben nicht draußen, jenseits von Eden. Wir kommen wieder zusammen, weil Jesus uns geheiligt hat mit seinem Blut, wie der Hebräerbrief sagt. Das heißt so viel wie: Wir sind fähig, gemeinschaftsfähig für Gott. Wir sind mittendrin und gehören dazu. Und das nicht nur notdürftig und behelfsmäßig wie beim jährlichen Opferritual am großen Versöhnungstag, sondern für immer und ewig, ein für alle Mal. Weil Jesus für uns draußen war, sind wir jetzt drinnen.

2. Warum unser Weg nach draußen führt

Aber nun fordert der Predigttext uns dazu auf, auch nach draußen zu gehen. »So lasst uns nun zu ihm hinausgehen aus dem Lager und seine Schmach tragen.« Wir sind mit Gott versöhnt und im Innersten heil geworden durch das Opfer Jesu. Doch das bedeutet nicht, dass wir es uns im Leben gemütlich machen und uns nicht darum kümmern, wie es draußen in der Welt zugeht. Im Gegenteil: Wir werden zum Aufbruch aufgefordert. Gott stellt uns mitten in diese Welt mit allen ihren Herausforderungen. Die ersten Christen haben das so erlebt: Er führt nach draußen ins ungeschützte Terrain. Er führt nicht in den augenfälligen Erfolg und den lautstarken Applaus. Draußen muss man mit Ablehnung und Verachtung rechnen. Es gibt schönere und beliebtere Plätze. Sich im Erfolg sonnen, das gefällt wohl allen gut. Erfolg gehört zum Wichtigsten, was in dieser Welt zählt, ob es der berufliche oder sportliche Erfolg ist oder der politische. Doch Jesu Weg geht in die andere Richtung, nach unten, ins Dienen und Mitleiden. Da ist auch unser Platz.

Aber was kann das nun für uns bedeuten? Vielleicht, dass uns die moralische Schelle um den Hals gehängt wird, wenn wir Position beziehen gegen Fremdenfeindlichkeit oder Antisemitismus. Wer sich um Schwache und Pflegebedürftige kümmert, bekommt nicht nur Anerkennung. »Du könntest doch mehr aus dir machen, das können doch auch andere«, kann er zu hören bekommen. So kann die Liste noch lange weitergeführt werden.

Der Weg Jesu in dieser Welt führte nach draußen, in die Passion. Wo wir ihm folgen, geht unser Weg auch dahin. Aufbrechen ist uns aufgetragen, nicht anpassen. Und wo wir nach draußen gehen, können wir einsam werden. Aber allein sind wir nicht. Wir sind bei ihm, und er bei uns. »So lasst uns nun zu ihm hinausgehen!« Das ist der große Trost. Wir gehen nicht ins Niemandsland. Wir gehen dahin, wo er ist, wo er da ist, ganz nahe bei dem, der sich zu ihm bekennt.

3. Warum wir nicht draußen bleiben

Aber so sehr wir aufgefordert werden, nach draußen zu gehen, wo auch Jesus ist, so gewiss wird uns auch gesagt, dass wir draußen nicht bleiben werden. »Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.« Das Wörtchen »denn« ist wichtig. Damit wird die Richtung darüber hinaus ins Spiel gebracht. Die Schmach tragen, die Außenseiterrolle einnehmen um Jesu willen – das gehört in diese Welt und in diese Zeit. Aber darum hat es auch seine Zeit. Das Leiden ist nicht alles, so wenig das unbeschwerte Glück alles auf der Welt ist. Aufs Ganze gesehen ist es nur ein kleiner Ausschnitt. Paulus kann einmal sagen, dass alle Leiden dieser Zeit nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die noch sichtbar werden wird. Das ist wie ein Gramm gegen Millionen Tonnen.

An dieser Stelle wird ein anderes Gegengewicht gesetzt – die Stadt. Der Hebräerbrief betont immer wieder, dass wir unterwegs sind. Er sieht die Gemeinde als das »Wandernde Gottesvolk.« Aufbrechen aus dem Lager nach draußen ist unbequem. Aber einmal werden wir nicht mehr lagern und nicht mehr die Zelte aufschlagen und abbrechen müssen. Einmal werden wir für immer zu Hause sein. Wir sitzen hier nicht fest in dieser Welt.

Wir kommen weiter, denn wir gehen auf ein Ziel zu. Mit dieser Perspektive tauchen die Unbequemlichkeiten und Unannehmlichkeiten von heute schon in das Licht von Morgen ein.

Die Stadt ist das Ziel. Ist das ein erstrebenswertes Ziel für uns? Für viele Menschen auf der Welt scheint es so zu sein. Heute lebt die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten, und die Tendenz ist steigend. Aber überfüllte Großstädte, Mega-Citys mit Mega-Wolkenkratzern, aber oft auch Mega-Problemen können kaum die Sehnsucht locken. Unsere Städte eignen sich nicht für die Stadt der Zukunft. Die hat einen anderen Grund und Zuschnitt und auch einen anderen Baumeister, Gott selbst. Aber darum wird sie alles in einer neuen Dimension in sich schließen, Erfüllung, Weite, Geborgenheit und die Lebensqualität der Ewigkeit. Nicht mehr draußen bleiben, nicht mehr ausgeschlossen sein vom Leben.

Wir haben hier keine bleibende Stadt: Diese Erfahrung müssen wir alle machen. Der Corona-Virus malt es uns vor Augen. Wir sind nur Gast auf Erden, Wanderer auf der Durchreise. Wie gut, wenn wir auch in die Fortsetzung einstimmen können: »aber die zukünftige suchen wir«. Wir müssen nicht überall hin- und her suchen, ruhelos und ja nicht festgelegt, weil man vielleicht doch noch etwas versäumen oder etwas Besseres gewinnen könnte. Wir haben ein Ziel und ein Zuhause. Und wenn wir bleiben bei dem, der für uns draußen war und zu ihm nach draußen gehen, dann sind wir auf dem besten Weg dahin, auf dem Weg, dem die Zukunft gehört. Amen.

Lied:

EG 395: Vertraut den neuen Wegen

Gebet und Vaterunser

Eine/r oder mehrere beten:

Barmherziger Gott und Vater, wir kommen mit unserem Gebet zu dir und bitten um Hilfe. Es gibt so viel Verunsicherung und Angst, soviel Hysterie und Ignoranz. Schenk uns Weisheit, schenk uns Mut.

Komm uns zur Hilfe. Heile die Erkrankten. Unterstütze und beschütze ihre Familien, Angehörigen und Freunde vor Ansteckung.

Schenk uns den Geist der Gelassenheit und der Solidarität, dass wir gemeinsam das Menschenmögliche tun können, um die Verbreitung des Virus einzudämmen.

Stärke und ermutige du die Menschen, die sich in den Krankenhäusern, Pflegeheimen und Arztpraxen um die Kranken kümmern. Inspiriere die Forschenden, die an Impfstoffen und Medikamenten arbeiten.

Sei du bei den Einsamen, Verbitterten und Enttäuschten. Tröste die Sterbenden und ihre Angehörigen und uns alle segne, dass wir ein Segen sein können.

 

Gemeinsam beten wir weiter:

Vater unser im Himmel.
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.

Amen.

 

Segen

Eine/r:

Der Herr segne uns und behüte uns. Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig. Der Herr erhebe sein Angesicht auf uns, und schenke uns Frieden. Amen

 

Wir wünschen Ihnen Gottes Segen, Bewahrung und wie gesagt – viel Gelassenheit.

gez. Pfr. Hans Veit
(Pfarrer Hans Veit im Namen des Kirchengemeinderats)

Evangelische Kirchengemeinde Knittlingen
Marktstraße 9
75438 Knittlingen
hans.veit@elkw.de / www.kirchengemeinde-knittlingen.de


 

Haus-Gottesdienst von Herrn Prädikant Heinz Frankenberger

Vorschlag für einen Hausgottesdienst, der mit der Hausgemeinschaft gefeiert werden kann.
Sein Kern ist eine Meditation über „Engel“ (von Doris Brinkmann aus Rheindürckheim).

Lassen Sie sich dazu anregen, mit einander zu singen, zu bedenken und zu beten. Wenn das allein oder zu wenigen Singen etwas schwierig sein sollte, können Sie die Texte auch lesen.
(Vorgeschlagen vom Zentrum Verkündigung der Evang. Kirche in Hessen und Nassau. Die Lieder habe ich dazu ergänzt. Heinz Frankenberger)

Fürchtet euch nicht

– ein Gottesdienst zu Hause und mit allen – durch den Geist verbunden

Kerze anzünden
Stille

Gebet

Gott, 
ich bin hier (wir sind hier)
- allein

und doch durch deinen Geist alle miteinander verbunden

Und so feiere ich, so feiern wir
in deinem Namen Gottesdienst

Im Namen des Vaters und des Sohnes
und des Heiligen Geistes.

Amen

Lied 398, 1.2 In dir ist Freude  

Aus Psalm 34Neue Genfer Übersetzung

Kommt, wir verkünden gemeinsam, wie groß der Herr ist! 

Lasst uns miteinander seinen Namen rühmen!
Als es mir schlecht ging, rief ich zum Herrn. 

Er hörte mich und befreite mich aus aller Not. 

Der Engel des Herrn lässt sich bei denen nieder, 

die in Ehrfurcht vor Gott leben, 

er umgibt sie mit seinem Schutz und rettet sie. 

Erfahrt es selbst und seht mit eigenen Augen, 

dass der Herr gütig ist! 

Glücklich zu preisen ist, wer bei ihm Zuflucht sucht.
Amen.

Stille

Meditation

Engel.

Sie lagern um uns herum.

Sie breiten ihre Flügel aus oder ihre Arme – je nach dem.

Sie schützen nicht vor dem Virus.

Aber vor der Angst.

Das können sie:

Uns die Angst nehmen.

Und die Panik vor dem, was uns beunruhigt.

Engel wiegen uns nicht in falscher Sicherheit.

Aber sie können die verängstigte Seele wiegen.

In ihren Armen oder Flügeln – je nach dem.

 

Im Moment reicht ein Engel nicht.

Da brauchen wir schon ein paar mehr.

Die Fülle der himmlischen Heerscharen,

wie damals – als Jesus geboren wurde –

da waren sie alle da.

Die Engel.

Und sie haben gesagt: Fürchtet euch nicht.

Denn sie fürchteten sich – also die Hirten.

Und wir fürchten uns auch.

Vor dem, was plötzlich kommen könnte.

Oder was schon da ist.

Wir fürchten uns vor der Ungewissheit und vor dem,

was uns den Boden unter den Füßen wegzureißen droht.

Damals haben die Engel eine große Freude verkündet,

die allem Volk widerfahren soll.

Nämlich, dass der Heiland geboren sei.

 

Das klingt wie von einem anderen Stern.

„Große Freude.“

Aber wieso sollte das nicht auch heute gelten?

Ist Gott etwa nicht da, nur weil das Virus da ist?

Fürchtet euch nicht.

Das will ich auch jetzt hören.

Daran halte ich mich fest.

Mitten in der Angst – Freude.

Mitten in der Angst – ein Lächeln.

Mitten in der Angst – helfende Menschen.

Mitten in der Angst – Solidarität unter uns.

Das gibt es ja alles.

Trotz Corona. Mancherorts auch gerade wegen Corona.

Mitten in der Angst, mitten in der Sorge – die Engel.

Sie schützen nicht vor dem Virus – so ist das halt.

Aber es sind die himmlischen Wesen, die uns Bodenhaftung geben können.

 

Ich will meine Augen öffnen und die Engel sehen.

Oder hören. Oder spüren.

In mir, hinter mir, neben mir.

Auch in den Menschen, denen ich begegne.

Jetzt halt etwas mehr auf Abstand oder am Telefon.

So geht es auch.

Gottes Engel lagern um uns her und helfen uns heraus.

Das glaube ich gewiss.

Amen

(Doris Joachim)

 

Lied 97, 1–6 Holz auf Jesu Schulter  

Fürbitt-Gebet

Jetzt, mein Gott, täten Engel gut. An unserer Seite und um uns herum.
Denn wir brauchen Mut. Und Phantasie. Und Zuversicht.

Darum: Sende deine Engel.
Zu den Kranken vor allem.
Stille
Und zu den Besorgten.
Stille
Sende deine Engel zu denen, die anderen zu Engeln werden:
Ärztinnen und Pfleger, Rettungskräfte und Arzthelferinnen,
alle, die nicht müde werden, anderen beizustehen.
Stille
Sende deine Engel zu den Verantwortlichen
in Gesundheitsämtern und Einrichtungen,
in Politik und Wirtschaft.
Stille
Jetzt, mein Gott, tun uns die Engel gut.
Du hast sie schon geschickt.
Sie sind ja da, um uns herum.
Hilf uns zu sehen, was trägt.
Was uns am Boden hält
 und mit dem Himmel verbindet, mit dir, mein Gott.

Denn das ist’s, was hilft und tröstet.
Jetzt und in Ewigkeit.

Amen.

Vaterunser

Vater unser im Himmel

Geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel, so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

Lied 565, 1–5 Herr, wir bitten: Komm und segne uns  

Segensbitte

Gott, segne uns und behüte uns

Gott, lasse dein Angesicht leuchten über uns 

und sei uns gnädig

Gott, erhebe dein Angesicht auf uns 

und schenke uns Frieden

Amen.

Stille

Kerze auspusten