Predigt am 12. Sonntag nach Trinitatis, 30.08.2020

von Herrn Heinz Frankenberger

Predigt am 12. Sonntag nach Trinitatis, 30.08.2020
Predigttext: Lukas 5, 1-11

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

Vielleicht haben Sie Ihre Baustelle gerade hinter sich gebracht, vielleicht steht sie Ihnen noch bevor? Vielleicht sind Sie auch froh, dass Sie sich um Baustellen noch nie kümmern mussten oder sich auch nie kümmern wollen?

 

Auf eine »Baustelle« besonderer Art nimmt uns der heutige Predigttext mit. In Korinth in Griechenland hatten sich in der christlichen Gemeinde Gruppen gebildet, die anfingen, einander zu bekämpfen.

Die einen trauerten Paulus nach, dem Gründer der Gemeinde, und hielten das hoch, was Paulus sie gelehrt hatte;
andere schwärmten von Apollos oder Kephas und deren Verkündigung und Glauben.

Ein Riss ging durch die Gemeinde und zog weitere Aufsplitterungen nach sich. Personen standen nun im Mittelpunkt. Deren Worte sollten als Maßstab für Wahrheit gelten, die man dann gerne schon für göttliche Wahrheit halten wollte.

Darüber wurde das Wichtige, das Zentrale, immer mehr an den Rand gedrängt: das Evangelium von Jesus Christus. So war es an Paulus berichtet worden.
Also schreibt Paulus an die zerstrittene Gemeinde, die er ja immerhin einmal gegründet hatte, und will sie wieder zusammenführen.

Ich lese 1. Kor 3, 9-17 aus der Basisbibel, und Sie werden merken, wie Paulus das Bild vom Hausbau für sein Anliegen ausschöpft:

9 Wir sind also Gottes Mitarbeiter. Aber ihr seid Gottes Ackerland – oder besser: Gottes Bauwerk.

10 Weil Gott mich in seiner Gnade dazu befähigt hat, konnte ich als weiser Bauleiter das Fundament legen.
    Jetzt baut ein anderer darauf weiter. Aber jeder muss aufpassen, wie er weiterbaut.

11 Denn niemand kann ein anderes Fundament legen als das, das schon gelegt ist. Und das ist Jesus Christus.

12 Es spielt keine Rolle, womit auf dem Fundament weitergebaut wird: mit Gold, Silber oder Edelsteinen, Holz, Heu oder Stroh.

13 Es wird sich zeigen, was das Werk eines jeden Einzelnen wert ist. Der Tag des Gerichts wird es aufdecken, denn mit Feuer wird er hereinbrechen: Das Feuer wird prüfen, wie das Werk eines jeden Einzelnen beschaffen ist. 14 Wenn das Werk, das jemand erbaut hat, dem Feuer standhält, wird er belohnt. 15 Verbrennt das Werk, wird er seinen Lohn verlieren. Er wird zwar gerettet werden – aber nur wie jemand, der gerade noch dem Feuer entkommen ist.

16 Wisst ihr nicht, dass ihr der Tempel Gottes seid und der Geist Gottes in eurer Mitte wohnt? 17 Wer den Tempel Gottes zugrunde richtet, den wird Gott zugrunde richten. Denn der Tempel Gottes ist heilig. Und dieser Tempel seid ihr.

Da sind also die Häuslesbauer-Schlüsselwörter:

  • der Bauherr,
  • der Bauleiter
  • die Arbeiter auf dem Bau,
  • das Fundament
  • und die Bauabnahme, die Prüfung des Gebäudes. (Verehr wird nix bezahlt!)

Wörter zum Ächzen? Vielleicht haben Sie ja auch gute Erinnerungen …

Der Bauherr

ist Gott selbst. Er ist es, der seine Gemeinde baut - und nicht ein Paulus oder ein Apollos. Sie sind nur die Arbeiter. Wenn also die Christen in Korinth sich fragen: Zu wem sollen wir uns halten, zu Paulus oder Apollos? – dann lautet die Antwort: Ihr seid Gottes Ackerfeld und Gottes Bau.

Die Fragen der Christen in Korinth sind auch uns nicht fremd: Wer sind wir als Gemeinde, welche Tradition prägt uns, welche Person und welche Weise der Frömmigkeit haben uns geprägt und in wessen Sinn soll unser Gemeindeleben gestaltet werden?

Wer sind wir als Gemeinde? Auf jeden Fall:  Ihr seid Gottes Bauwerk.

An euch wirkt Gott. Er ist es, der Glaube und Vertrauen wachsen lässt, der Gemeinde baut, nicht eine bestimmte Person oder Frömmigkeitsrichtung.

Allerdings wirkt Gott durch Menschen, die sich in seinen Dienst rufen lassen. Damals in Korinth durch Paulus und Apollos. Sie waren Bauleiter, so wie im Laufe der Jahrhunderte weitere Väter und Mütter des Glaubens – Augustinus, Luther, Calvin, Bonhoeffer, Dorothee Sölle zum Beispiel.

Die Arbeiter auf dem Bau?

Die sind wir!

Gott will auch durch uns wirken.

Wir sind eingeladen, Mitarbeiter Gottes zu sein.

Sozusagen »Handlanger« Gottes auf seiner Baustelle.

Wir alle: Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten, die sich einbringen in der Kirchengemeinde, die Verantwortung übernehmen, mitdenken, mitplanen, mittun, die sich vornehmen, sich mehr einzubringen, oder noch überlegen, ob sie sich nicht mehr einbringen sollten oder könnten.

Tröstlich und hilfreich dabei kann sein: Wir müssen die Kirche nicht jedesmal von Neuem aufbauen, sondern wir bauen an ihr weiter.

Andere waren schon vorher an diesem Bau Gottes tätig und wieder andere werden danach weiter bauen.

Nur „weiter bauen“ müssen oder besser dürfen ist doch entlastend.Denn wir sind nicht für das ganze Bauwerk verantwortlich, sondern sozusagen nur für die Gestaltung eines Zimmers. Und es ist entlastend, dass der Bauherr, nämlich Gott selbst, die letzte Verantwortung für das Bauwerk trägt.

„Nur weiter bauen“ müssen oder besser dürfen kann bescheiden machen und gelassen, weil sich immer wieder Wege finden lassen - und Menschen – mit denen eine Gemeinde weiter gehen kann.

Alle bauen – wie schon Christen vor ihnen und nach ihnen – an ihrem jeweiligen Platz am Haus Gottes weiter, auf dass es einladend sei und Menschen hier etwas von Gott und seiner Liebe erfahren können.

Der Bau Gottes – ob wir ihn nun weltweite Kirche oder Ortsgemeinde nennen – ist reich an Stockwerken und Zimmern. Und unter diesem Dach kann eine liturgische Nacht ebenso Platz haben wie eine Podiumsdiskussion zum Thema Kirche und Gesellschaft; ein Bibelkreis ebenso wie die Jungschar und die Konfi-Gruppe oder der Kirchenchor oder die Singegruppe, die Sitzung des Kirchengemeinderates, der traditionelle Sonntagmorgengottesdienst ebenso wie eine Evangelische Messe oder eine Taizé-Andacht oder ein Besuchsdienst oder das Vorbreiten und Gestalten eines Gemeindefestes. Wir alle sind eingeladen, an diesem Bau Gottes mitzuwirken.

Paulus sagt: Jeder muss aufpassen, wie er weiterbaut – und meint damit: Ein jeder sehe zu, was er an Einsatz beitragen kann nach seinem Können und seinen Begabungen.

Entscheidend ist, dass er auf diesem Fundament baut:

11 Denn niemand kann ein anderes Fundament legen als das, das schon gelegt ist. Und das ist Jesus Christus.

Das Fundament, das dem Bauwerk seine Stabilität gibt, das Fundament, auf das wir felsenfest vertrauen können, ist ein für alle Mal gelegt. Es ist Jesus Christus, sein Leben, seine Worte und Taten, sein Tod und seine Auferstehung. Dazu gibt es keine Alternative. Denn allein bei ihm ist das zu finden, was uns im Leben trägt und Halt gibt im Sterben und im Tod.

Wir tragen Verantwortung, dass im Sinne Jesu Christi gebaut wird und wir das für uns vorbereitete Fundament richtig und sinnvoll nutzen.

Und das heißt doch zum Beispiel:

•          Lässt sich bei uns die Zuwendung Jesu zu Menschen in Not erkennen?

•          Finden bei uns Menschen Orientierung in ihren Lebensfragen?

•          Erleben Menschen bei uns, dass Schuld vergeben wird und ein Neuanfang miteinander möglich ist?

•          Kann man hier etwas von der Freude finden, Gottes Kinder zu sein?

•          Finden bei uns junge Leute und auch Ältere, die Wege suchen, ihr Leben sinnvoll zu gestalten, Geduld und Toleranz unter denen, die schon sicherer sind, wie Leben sein soll?

•          Finden hier Menschen Trost im Leiden und im Sterben?

Es ist nicht entscheidend, ob der Bereich, an dem wir bauen, das Etikett pietistisch, gesellschaftspolitisch, volkskirchlich, diakonisch, feministisch oder charismatisch trägt; entscheidend ist, dass alles Bauen sich auf Jesus Christus, das Fundament, bezieht, und dass es für die Gemeinde und die Menschen darin gut zu leben ist.

Und wie wissen wir, dass wir gut gebaut haben?

Paulus benutzt als Bilder für das Gebaute „Gold, Silber, Edelsteine, Holz, Heu, Stroh“.
Sie können an der Reihenfolge der Materialien die Abstufung sehen: „Gold“ steht sicher für Dauerhaftes, „Stroh“ steht für sehr Kurzlebiges.

Was letztlich was ist, entscheiden nicht wir heute.

Gott selber wird letztlich beurteilen, was von unserem Werk der Prüfung standhalten wird. Dann dürfte manches, was wir heute als „Gold“ einschätzen, verpuffen, und manches, was wir als „Kleinkram“ oder „Stroh“ ansehen möchten, Bestand haben.

Paulus verwendet das Bild vom Feuer des Gerichts Gottes, das uns heute etwas fremd geworden ist.
Er bringt aber auch noch einen anderen Gedanken, der uns Aufgabe, aber auch Trost sein kann: Der Tempel Gottes, in dem Gottes Geist wohnt, ist ja heilig. Und ihr seid der Tempel Gottes.

Ich glaube, wir können darauf trauen, dass Gott mit den Bauzeichnerinnen und Zimmermännern, den Architekten, Maurern und Stuckateurinnen auf seinem Bau gnädiger umgehen wird als diese oftmals mit sich selbst.

Amen

 

Heinz Frankenberger, Prädikant im Bezirk Mühlacker