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Mühlacker Tagblatt, Samstag, 28. November 2015
Mühlacker Tagblatt, Samstag, 28. November 2015
Advent heißt Ankunft. Vier Wochen noch, dann sollen wir in der Weihnachtsfreude angekommen sein. Kann das dieses Jahr klappen?
Jedenfalls wird es nicht reichen, Plätzchen zu backen, Geschenke vorzubereiten und die Stube zu schmücken. Um am Weihnachtsfest gut anzukommen braucht es in diesem Jahr sicher mehr, als nur traditionelle Weihnachtvorbereitungen.
So viele Ereignisse sind bei uns angekommen, dass wir kaum noch mitkommen. Wir erleben 2015 einen Advent, der all unsere Vorstellungen sprengt. Eine Massenankunft von Flüchtlingen, zweitausend allein im Enzkreis. Und noch etwas ist spätestens jetzt bei uns angekommen: der Terror. So nahe, dass wir statt beim Fußballkrimi vorm Fernseher plötzlich in einem echten Angstkrimi landen.
Ankunft in der Realität – so könnte man dieses Jahr überschreiben. Gut angekommen sind wir da allerdings nicht. Anstatt die großen Herausforderungen gemeinsam anzunehmen, streiten wir uns. Die Angst wächst und macht uns noch verletzbarer. Angst kann für viele Zwecke ausgenutzt werden. Kann die Adventszeit uns helfen, besser in der Realität anzukommen?
Für Christen heißt Advent: Ankunft des Retters Jesus Christus in dieser Welt. Und die war damals, als Maria mit Jesus schwanger ging, gewiss nicht weniger beängstigend, als heute. Öffentliche Hinrichtungen von Terroristen durch die Römer gehörten zum Alltag im besetzten Palästina. Auch damals sind Menschen vor Gewalt und Willkür geflohen. Der Lebenslauf Jesu beginnt mit der Flucht der Familie nach Ägypten. Ob es dort eine Willkommenskultur gab?
Die Adventszeit fragt uns Christen: wie kannst du gut ankommen in deiner Realität, ohne in Angst zu erstarren? Wie kannst du ihr ins Gesicht sehen und trotzdem Hoffnung haben?
„Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer.“ Diese uralte Verheißung an verängstigte Menschen hat Jesus auf sich bezogen. Er wollte dieser König sein. Was war sein Plan? Kein Umsturz mit Waffen. Keine Macht aufgebaut auf Angst und Wut. Aber auch kein Friede durch verstärkte Kontrollen und sichtbare Militärpräsenz, wie er im römischen Reich praktiziert wurde.
Friede kommt durch friedliche Menschen und davon gab es damals wie heute zu wenige. Jesus begann seine Friedensarbeit ganz unten bei jedem Einzelnen. Er knüpfte Freundschaften, teilte den Alltag der Menschen, kümmerte sich ganz besonders um körperlich und seelisch Verletzte, um Randexistenzen. Jesus tat, was heilsam ist für einen Menschen und seine Beziehungen Damit setzte Jesus Zeichen, mehr nicht. Zeichen gegen Angst und ihren Missbrauch. Friedenszeichen. Zeichen allerdings, die bis heute zu uns sprechen.
Die Adventszeit sagt uns: schau auf die Zeichen, vertraue ihnen. Die Kerzen am Adventskranz, die Türchen im Adventskalender. Aber auch die heilsamen Zeichen in deiner Umgebung. Menschen knüpfen Freundschaften mit Flüchtlingen, teilen ihren Alltag, kümmern sich um Erschöpfte, Überforderte, Verängstigte. Sie tun was heilsam ist für unsere Angst vor dem Fremden. Sie setzen Friedenszeichen zwischen Religionen und Ethnien. Was andere als Bedrohung sehen, nehmen diese Menschen als Chance wahr. In den Herkunftsländern der Flüchtlinge konnten oder wollten wir wenig beitragen zu einem besseren Miteinander. Jetzt kommen diese Menschen zu uns und jede und jeder von uns kann nun mithelfen, Friedensarbeit ganz unten zu tun.
Es sind nur Zeichen, mehr nicht. Aber sie reden von Weihnachten. Von Menschwerdung. Davon, dass die Weihnachtsbotschaft Kraft hat: Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen.
Kommen Sie gut an, in ihrer Weihnachtsfreude 2015.