Prof. Dr. Dollinger kommt zur Grundsteinlegung nach Kleinvillars.

150 Jahre Waldenserkirche Kleinvillars


In Kleinvillars konnte erst, nachdem im Polnischen Thronfolgekrieg französische Regimenter im Mai 1734 auch Kleinvillars verwüstet hatten, an den Bau einer Kirche gedacht werden. So wurde um 1740 eine kleine Holzkirche mit Dachreiter errichtet. Diese stand auf einem gemeindeeigenen Grundstück zwischen den Scheunen von Haus Nr. 29 Walz/Gienger und Haus Nr. 30 Johann Suedes.
Mit den Jahren war sie baufällig geworden und wurde mit ihren knapp 8m Länge als zu klein, eng und dunkel erachtet. Daher sollte eine neue Kirche auf demselben Grundstück errichtet werden.
Der von der Gemeinde 1871 eingereichte Vorschlag zum Neubau wurde vom Ober- kirchenrat abgelehnt. Der Entwurf sei unschön und unzweckmäßig. In diesen Vorgang hatte das "evangelische Consistorium" auch den Verein für kirchliche Kunst mit eingebunden. Dessen Vereinsausschuss bat dann im November 1871 sein Mitglied, Prof. Dr. Konrad Dollinger vom Polytechnikum Stuttgart, einen alternativen Vorschlag zu erarbeiten.

Dollinger entwarf eine Kirche aus Sandstein mit großen Fenstern, Chor, Altar und Kanzel die etwa 200 Personen Platz bieten sollte. Im Januar 1872 wurde dieser Entwurf dem Oberkirchenrat als Empfehlung vorgelegt und es ist zu lesen: Die Gemeinde Klein=Villars nahm diesen mit Freuden an. Bereits am Mittwoch, dem 1. Mai 1872, erfolgte der erste Spatenstich – da gab's noch keine Bagger. Es waren also noch viele Spatenstiche notwendig bis das Fundament ausgegraben war. Warum gerade an diesem Tag? Das konnte ich leider nicht in Erfahrung bringen. Am Sonntag, dem 7. Juli 1872, erfolgte dann im Beisein des Architekten Dollinger die feierliche Grundsteinlegung. Wer sonst noch mit dabei war? Auch dazu ist mir leider nichts bekannt. Aber ich denke, dass sicherlich die meisten der 220 Kleinvillarser Bürger bei dem Ereignis mit dabei waren.
Gegen Jahresende dürften die meisten Außenarbeiten am Gebäude schon abgeschlossen gewesen sein. Dach drauf, die bemalten Fenster eingebaut. Dazu noch ein schmiedeeisernes Kreuz mit Gockel als Turmspitze montiert und 2 kleine Glocken im Gestühl übereinander aufgehängt. Somit konnte dann auch der Innenausbau mit Bänken, Kanzel, Altar und Taufstein zum Abschluss gebracht werden. Elektrisches Licht oder eine Beheizung war seinerzeit noch kein Thema - die Glühlampe musste erst noch erfunden werden.
Heute sehen wir ein schmuckes Kirchlein das in seinen 150 Jahren schon so einiges erlebt hat. So sind bereits die "Dritten" eingebaut. Nicht Zähne, sondern Chorfenster - dem Zahn der Zeit wurde durch diverse Bautätigkeiten und zwei große Renovierungsmaßnahmen entgegengewirkt. Damit wurde auch den sich ändernden Ansprüchen der Gottesdienstbesucher Rechnung getragen. Wir dürfen uns in diesen Tagen freuen, wenn wir an diesem hellen, lichtdurchfluteten Ort miteinander Gottesdienst feiern können. Wenn uns die Sonne lacht, dann sehen wir noch während der Predigt wie die Sonne mit den Chorfenstern "Licht und Schatten" spielt.

Walter Meffle