Predigt für den 1. November 2020

von Herrn Heinz Frankenberger

Lese-Predigt für den Reformationsonntag 01.11.2020  
Predigttext: Mt 10, 26-33

 

Liebe Leserin, lieber Leser!

Der Evangelist Matthäus berichtet im 10. Kap., dass Jesus seine Jünger unter die Leute aussendet.
Er trägt ihnen auf, Dämonen auszutreiben, zu heilen und zu predigen: Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!
Und er gibt ihnen das Folgende mit auf ihre Wege (Ich benutze die Übersetzung der Basisbibel. Empfehlung der EKD):

26»Habt keine Angst vor Menschen!
Es gibt nichts Verborgenes, das nicht sichtbar wird, Und es gibt nichts Geheimes, das nicht bekannt wird.

27 Was ich euch im Dunkeln anvertraue, das sagt am hellen Tag weiter! Und was ich euch ins Ohr flüstere, das ruft von den Dächern!

28 Habt keine Angst vor denen, die nur den Körper töten können, aber nicht die Seele. Habt aber umso mehr Angst vor dem, der sowohl die Seele als auch den Körper in der Hölle vernichten kann.

29 Kann man nicht zwei Spatzen für eine Kupfermünze kaufen? Und doch fällt keiner von ihnen auf die Erde, ohne dass euer Vater es weiß.

30 Aber bei euch ist sogar jedes Haar auf dem Kopf gezählt!

31 Habt also keine Angst! Ihr seid mehr wert als ein ganzer Schwarm Spatzen.

32 Wer sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich bekennen vor meinem Vater im Himmel.

33 Wer mich aber nicht kennen will vor den Menschen, den will auch ich nicht kennen vor meinem Vater im Himmel.«

 

Ein Zweifaches ist mir heute am Reformationsfestsonntag wichtig:

Jesus sagt:
1. Bekennt das Evangelium!
2. Fürchtet euch nicht, das zu tun!

Vom Bekennen zuerst: Was denn bekennen? Wie denn bekennen?

Ich meine, Jesu wichtigste Punkte des Bekenntnisses sind:
- Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!
- Gott ist zu euch wie ein Vater.
- Gott ist barmherzig.
- Gott will, dass die Menschen gut leben können (deshalb z.B. das Heilen) und getröstet sein können – mit einem sicheren Grund ohne Angst vor Gott und den Menschen sein können.
-Es ist euch gesagt, wie ihr leben dürft: Liebe üben, Liebe tun, und Gottes Wort halten

Ich stelle mir vor, dass die Jüngerinnen und Jünger schon ein paar Einwände hatten: Das kann ja sehr gefährlich werden, denn was sie da bekennen und verkündigen sollten, war nicht das, was schon immer gesagt wurde: Haltet die Gesetze der Tora buchstabengetreu. Bleibt beim Bestehenden, dann seid ihr auf der sicheren Seite. Gehorcht euren Religions-Vorgesetzten.

Jesus will da deutlich mehr! Nicht nur Reden, sondern Tun. In den Seligpreisungen in der Bergpredigt können Sie das Wesentliche zusammengefasst finden. In den 10 Geboten finden Sie es auch, ergänzt durch das Gebot der Nächstenliebe.

Sie wussten vom Schicksal des Täufers Johannes, der im Gefängnis saß.

Wir wissen: Zumindest alle männlichen Jünger sind für das Bekennen ums Leben gekommen, weil ihre Predigt unbequem war.

Bis heute ist es immer wieder oft genug lebensgefährlich!

Aus der Geschichte greife ich drei Beispiele heraus:

A – 1177 begründet Petrus Waldes in Lyon eine Laienbewegung. Die Mitglieder sollen in Armut leben, zuerst Armen das Evangelium von Jesus Christus in der Volkssprache predigen und sich gleichzeitig vor allem auch um die Versorgung der vielen armen Leute kümmern. Er veranlasst, dass das Neue Testament in die Volkssprache, das Franko-Provençalische, übersetzt wird. Sie, die dann Waldenser genannt wurden, wagten – nicht als Erste, aber bis heute lebendig, das Monopol der Kirche auf die Predigt aufzubrechen – und sie wurden jahrhundertelang blutig verfolgt, weil sie selbst bekennen wollten.

B - Allgemein bekannt ist, was Martin Luther 1517 wagte: Er begehrte gegen die gängige Praxis der Kirche auf, Sünden-Ablass gegen Geld zu verkaufen. Er trat eine Lawine los, die letztlich zur Spaltung in kath. Kirche und evang. Kirchen endete. Die Übersetzung der Bibel in eine deutsche Hochsprache entstand.

Das Recht eines jeden, ungehindert Zugang zu Gottes Wort zu haben, wurde ein Grundprinzip.

Und Luther selbst bekräftigte, was man das „Priestertum aller Gläubigen“ nennt: Jeder ist aufgerufen und verantwortlich für das Verkündigen der biblischen Botschaft. Wir dürfen dabei gewiss sein, dass

- allein die Gnade Gottes uns erlöst,

- allein die Heilige Schrift Grundlage alles Redens über Gott ist,

- allein der Glaube / das Vertrauen auf Gott dazu hilft, dass wir von Gott angenommen sind.

Luther hätte ohne die Unterstützung seines Landesfürsten wahrscheinlich nicht lange überlebt.

Den Theologen und Pfarrer Dietrich Bonhoeffer nenne ich stellvertretend für Tausende, die wegen ihres Glaubens und vor allem wegen ihres Bekenntnisses zu Jesus Christus nicht nur in Deutschland ermordet wurden. Und vielleicht wissen Sie auch von vielen, die in Diktaturen als Christen ausharren und Widerstand leisten.

Jesus sagt seinen Jüngern, all den jetzt Genannten und auch uns hier: Fürchtet euch nicht. Sie können den Körper töten, aber nicht die Seele – gemeint ist das LEBEN. Das eigentliche Leben bei Gott können sie euch nicht nehmen, das kann nur Gott selbst, der Leib und Seele in der Hölle verderben kann.

Dass wir darauf vertrauen können, weil wir bei Gott wert sind, zeigt er durch ein Bildwort:

Zwei Spatzen kosten einen Groschen; billig sind die, aber Gott weiß doch von jedem einzelnen. Bei euch Menschen sind sogar die Haare auf dem Kopf gezählt – Gott weiß alles von euch, sogar das. Ihr seid ihm doch viel mehr wert als ganze Schwärme von Spatzen.

Wie wichtig für Jesus das Bekennen und das Predigen des Evangeliums ist, zeigt er zum Schluss: Wer das Evangelium von Jesus als dem Sohn Gottes bekennt, dessen Leben, dessen Existenz wird grundlegend verändert. Das wird lebenswichtig, so wichtig, dass es entscheidend wird dafür, wie ich am Ende vor Gott stehe, wenn er über mich richten wird. Dann will Jesus mein Fürsprecher, mein Verteidiger sein. (Wir drücken uns heute gerne um den Gedanken herum, dass Gott uns beurteilen wird.)

Noch einmal:
Bekennt, was ihr von mir – Jesus – gehört habt, redet es ins Licht, also öffentlich, von den Dächern, so dass es jeder hören kann.

Bekennen – im Jahre 2020?

Ja!

- Im Kindergarten und zu Hause von Jesus erzählen.
- In der Schule den Kindern eine gründliche Information vermitteln, was mit „Die gute Botschaft“ gemeint ist, wie Erstes und Zweites Testament zusammenhängen, und was „die gute Botschaft“ für ein Leben als Christ bedeutet.
- Mutig sagen: Ich stehe hier als Christ/ als Christin und habe von Jesus Christus den Auftrag:
- und nehme als Christ Stellung und sage die Meinung zu den Themen unserer Tage, von Corona bis Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft.
- als Christ täglich zu überprüfen, ob das, was wir hören und was um uns herum passiert, vor Gott Bestand haben kann, also für Menschen gut ist.
- christliche Lebensweise vorleben, nicht vorzeigen, sondern einfach vorleben.

Wir haben als Christen die besseren Argumente:
- Angst muss nicht sein; Gott sagt seine Kraft zu
- Gerechtigkeitssinn: für Gerechtigkeit sorgen dürfen
- Mitmenschlichkeit: den Anderen als Menschen wahrnehmen dürfen
- Nächstenliebe ausüben, nicht nur davon reden
- Barmherzigkeit üben: Erbarmen zu einer Grundhaltung gegenüber dem Anderen machen.

Die nächste Jahreslosung wird heißen: Seid barmherzig, wie auch mein Vater barmherzig ist.

Wir werden Gottes Geist dafür brauchen.

Amen

Heinz Frankenberger
Prädikant im Ev. Kirchenbezirk Mühlacker